Donnerstag, 14. August 2008
Von Hatfield nach Faerie Glen
Ja, wenn man die Frequenz mit der ich meinen Blog gegenwärtig update als Indikator heranziehen möchte, kann man gerne behaupten, ich sein faul. Zu meiner Verteidigung möchte ich anbringen, dass ich ja zwischenzeitlich eine Wohnung gesucht habe und inzwischen auch aus dem Hotel in Hatfield in eine coole WG gezogen bin. (Die Eingeweihten unter Euch werden das Wortspiel zu schätzen wissen.)

Ich wohne nun mit zwei Studenten in einem schönen Haus in Faerie Glen, einem Randgebiet von Pretoria. Das Haus hat einen schönen Garten mit einem kleinen Pool und der obligatorischen Braai-Area. (Wer mein improvisiertes Telekolleg in den letzten Einträgen aufmerksam verfolgt hat, wird mit diesem Begriff inzwischen was anfangen können.) Die Gegend ist sehr aufgeräumt und natürlich mit den obligatorischen Mauern, Stacheldraht-Verhauen und Elekro-Zäunen verziert. An den Wochenenden kann man sich schön auf die schattige Terrasse hocken oder es sich im Pool die Sonne auf den Bauch scheinen lassen.

Unser Garten. Neidisch?

Da meine Mitbewohnerin auch erst im April in dieses Haus eingezogen ist und mein Mitbewohner erst Ende August einziehen wird, lässt sich der gegenwärtige Zustand der Wohnung mit „teilmöbliert“ treffen beschreiben. Nun bin ich also in der komfortablen Position behaupten zu dürfen, mir in Südafrika ein Bett gekauft zu haben. Wer kann das schon von sich behaupten! Ich denke, ich werde diesen Fakt in meinen Lebenslauf aufnehmen – Differenzierung ist ja heutzutage alles...

Apropos Lebenslauf: Meine Mitbewohnerin studiert Fashion Retail und mein zukünftiger Mitbewohner Maschinenbau. Beide sind schon am Ende ihres Studiums, dennoch zählen die beiden erst schlappe 22 Lenze (jeder, nicht zusammen!), was mich zum Opa in dieser WG macht. Die Phrase „damals, als ich Eurem Alter war …“ wird man in Zukunft wohl noch häufiger aus meinem Munde hören – was allerdings niemanden stören wird, da hier niemand Deutsch versteht…

Noch weniger witzig als der letzte Absatz ist die Tatsache, dass mein Weg zur Arbeit nun zwischen 30 und 60 Minuten beträt – je nachdem, wie die Infrastruktur dieser Stadt es sich gerade verhält. Dem großem Stau entgeht man gegenwärtig nur, wenn man besonders früh oder aber besonders spät zur Arbeit fährt. (Für die langjährigen Pendler unter Euch mag das eine Binsenweisheit sein. Für ich als passionierten "Ich fahr in Nürnberg 10 Minuten mit dem Rad zur Arbeit"-Genießer ist das aber Neuland.) Früher oder später - für welche Variante mag ich mich wohl entschieden haben…? Richtig! Ich fahre möglichst spät los, was kurz vor 8 bedeutet und nach hiesigen Verhältnissen schon fast Mittagszeit ist. (Meine Mitbewohnerin verlässt um 6:30 das Haus – als Student!!!) So schaffe ich es dann meist, zwischen halb neun und neun im Büro zu sein. (Und damit habe ich gute Chancen, noch vor den deutschen Kollegen da zu sein ;-)
Da man hier aber an jeder Ampel aufpassen muss, keinen Bettler zu überfahren und auch sonst viele Verrückte auf den Straßen unterwegs sind, bin ich bei Ankunft im Büro immer schon ganz ermüdet. Der tägliche mehrstündige Büroschlaf, der eigenlich nur für die Mittagspause unterbrochen wird, macht einen dann wieder halbwegs fit für den Heimweg, um dann abends abermals völlig erschöpft nach hause zu kommen.

So sitze ich nun also total erschöpft in meinem großen Wohnzimmer auf einem der drei Sofas und schreibe an meinem Blog. Das ist auch ein wenig der Lücke geschuldet, die neben dem Kamin klafft und in der eigentlich der Fernseher stehen sollte. Da wir aber „my Dad’s old one, because he will buy a new one soon”-Fernseher nehmen wollen, warten wir halt solange bis “Dad will buy a new one soon” in die Tat umgesetzt worden ist und wir endlich “Dad’s old one” hier in die Bude gestellt bekommen.
Da is schonmal Olympia - und ich kann nich gucken…

Zum Abschluss möchte ich abermals meinem Bildungsauftrag nachkommen und die ersten Brocken Afrikaans, die ich hier aufgegabelt habe, mit Euch teilen: Dankie – Danke; de Kacheln – der Kamin.

Und noch ein Tipp: Wenn ein Südafrikaner "soon" oder "it's done" oder "I send you the e-mail immediately" sagt - immer schön misstrauisch bleiben...

Gute Nacht!