Donnerstag, 20. November 2008
Von der Südafrikanischen Arbeitsphilosophie
Der Job macht mir momentan etwas zu schaffen. Das hat weniger mit der Tätigkeit an sich zu tun, als mit der Tatsache, dass es doch um einiges „unverbindlicher“ und „provisorischer“ arbeitet als in Deutschland. Um Ärger mit meiner Geheimhaltungsvereinbarung zu vermeiden, möchte ich ein Beispiel aus meinem südafrikanischen Privatleben heranziehen:
Wie bereits berichtet, haben mein Mitbewohner und ich eine Dusche in unser zweites Bad eingebaut. Als es daran ging, die Versiegelung mit Silikon zu erneuern, stellten wir fest, dass wir zwar eine frische Kartusche Silikon, nicht aber die geeignete Pistole dazu hatten. Ich schlug vor mit der Versiegelung auf den nächsten Tag zu warten, um dann die Pistole zu kaufen. Das würde bedeuten, dass wir einen Tag länger auf die zweite Dusche hätten warten müssen, was aber dank der bereits vorhandenen Dusche im anderen Bad kein Problem gewesen wäre. Mein Mitbewohner sagte jedoch, dass ginge auch so irgendwie. Nun ist meine Mitbewohner studierter Ingenieur und der Handy-Man im Haushalt. Na, der Mann ist der Experte, dachte ich bei mir, und ich bin nicht sein Chef und außerdem: think positive…
Leider stellte sich heraus, dass sich ohne Pistole das Silikon nur sehr schwer aus der Kartusche drücken lässt. Zum Herausdrücken benutzte mein Mitbewohner zudem einen Schraubenzieher. Schließlich begab es sich, dass der Schraubenzieher den Boden der Kartusche zerbrach, so dass das Silikon nun an beiden Seiten der Kartusche herauskam. Dadurch ließ sich die Kartuschendüse nicht mehr nutzen. Mit den Fingern könne man das machen, sprach mein Mitbewohner und begann damit das Silikon mit den Fingern aus der Kartusche zu kratzen und in die Fugen zu kleistern. Wie vermutet brachte diese Methode nicht nur besonders expressionistische Versiegelungen hervor, sondern verschwendet auch einen Großteil des Silikons. Das Ergebnis war, dass wir die Versiegelung mangels ausreichenden Silikons nicht beenden konnten, wir also die Dusche nun also doch nicht nutzen konnten und zusätzlich eine Kartusche Silikon kaufen mussten. Das experimentell-provisorische Vorgehen meines Mitbewohners hatte also eine schlechtere Qualität der Arbeit, höhere Materialkosten und keinerlei Zeitersparnis zur Folge – eigentlich kostete sogar noch mehr Zeit, denn die Finger-Kratz-Spachtel-Methode verursachte ein mittleres Chaos, dessen Spuren noch heute an unserem Waschbecken zu finden sind.

Tja, und wir sprechen hier vom Projekt „Dusche“ mit einem Budget von vielleicht 200 Euro. Nun stelle sich mal jemand diese „Passt schon irgendwie“ Methode in einem mehrere Millionen Euro Projekt vor…

Apropos Dusche: Ich denke, eine Dusche in Pretoria montiert zu haben, ist vielleicht wieder so ein Alleinstellungsmerkmal, dass ich in meinen Lebenslauf mit aufnehmen sollte. Ich sehe mich schon im Vorstellungsgespräch bei Obi: „Ach wissen Sie, ich habe schon Duschen überall auf der Welt angebracht - Berlin, Nürnberg, Pretoria… Für die Sanitärabteilung bin ich Ihr Mann!“